JeFRAUd hatte mich um einige deutschsprachige Bücher von namhaften Autoren – wie Goethe, Schiller, Heine, Hesse, Th. Mann, Böll, Dürrenmatt, Borchert usw. – gebeten, weil ihre SprösslingIN diese Werke an einer Nationalitätenschule (für Ungarndeutsche) als Pflichtliteratur im letzten Jahr vor dem Abitur zu lesen hatte. Ich ging die Liste durch, suchte die Werke sorgfältig aus und ließ sie ihr überbringen. Nach Jahr und Tag bekam ich die Bücher mit Dankesäußerungen und einem kleinen Geschenk zurück, bis auf eines, das sie gern behalten wollte. Obwohl mir das Herz blutete, konnte ich ihren Wunsch nicht ausschlagen und sagte dem Band für immer ade.
Na ja, den Texten doch nicht für immer, sondern nur noch bis zum 31. 12. 2017, denn ab dann sind sie im „Projekt Gutenberg” nicht mehr gesperrt. So viel Geduld muss man schon haben – und ich habe so viel Geduld. Und wenn doch nicht, kann ich mich auch bis dahin mit dem schmalen Büchlein in meinem Regal „Die Hundeblume” begnügen, das immerhin dreizehn Erzählungen Borcherts beinhaltet, darunter „Die drei dunklen Könige”. Wer Deutsch kann (oder es lernt), muss einfach diese Geschichte gelesen haben.
Sie ist mir zu Weihnachten eingefallen, und ich habe sie gleich einem Schüler von mir gezeigt und mit ihm einige Sätze vom Anfang gelesen. Ich bin gespannt, ob er sie allein hat weiterlesen können und vor allem wollen.
Borchert spielt in meinem Leben eine wichtige Rolle, denn in der Ablussprüfung an der Uni habe ich gerade das Thema „Die Short Story nach dem zweiten Weltkrieg” in Literatur bekommen. (Was in Grammatik und Pädagogik los war, weiß ich seltsamerweise überhaupt nicht mehr.) Die Rede war außer von Amerikanern vor allem von Wolfgang Borchert und seiner Erzählung „Die Hundeblume”. Seitdem habe ich das Stück „Draußen vor der Tür” und u.a. die herzzerreißende Kurzgeschichte „Nachts schlafen die Ratten doch” gelesen. Großartige Literatur – nicht nur für Deutsch als Fremdsprache!