(Weiteres zu Dániel Varrós Nachdichtungen von Wandrers Nachtlied)
Bunkósított változat nagyobbaknak
A hegytetőn fent
nyugi van,
csak a szél böffent
sutyiban
a lomb közt, de slussz.
A madárkák kussolnak a fákon.
Belőled is, barátom,
kifogy a szusz.
* * *
Diese Variante von Varró ließ mich auch weiter nicht in Ruhe, so dass ich an einer überzeugenderen Übersetzung weitergearbeitet habe.
Das Gedicht sticht nicht nur durch den derberen Sprachgebrauch, sondern auch durch die einen Tick noch vollkommeneren Reime ins Ohr. Dennoch hat man es mit einem melodisch gleichmäßigeren Gedicht zu tun, was von der leichten Veränderung der Silbenzahl herrührt. Während bei Goethe und der Varró-Variante für Kleine in den insgesamt acht Verszeilen 6, 2, 5, 3, 4, 9, 5, 4 Silben vorkommen (unser Dichter hielt sich noch streng an das Original), gibt es hier deren 5, 3, 5, 3, 5, 10, 7, 4. Ein beredter Beweis dafür, dass er sich der Unmöglichkeit einer „ordentlichen”, also form-, melodie-, stimmungs- und gehaltsgetreuen Übersetzung bewusst geworden, sich ganz dem poetischen Spiel hingab. Er folgte seinem natürlichen dichterischen Instinkt. Schön!
Der deutschkundige Leser kann zwei Wörter im ungarischen Text gleich entdecken: slussz (Schluss) und kussolnak (kuschen). Beim zweiten geht es allerdings um einen sogenannten falschen Freund. Das Ungarische hat es aus dem Deutschen übernommen, aber es machte einen Bedeutungswandel durch: bei einem Lebewesen, eigentlich bei einem Menschen „nicht sprechen, den Mund, das Maul, die Klappe halten”. Zum „kuschen” dagegen findet man im Duden:
1. – umgangssprachlich – aufgrund von Machtlosigkeit, Unterlegenheit sich nicht wehren, sondern still sein
2. – von Hunden – still sich hinlegen.
„Madárkák kussolnak…” entlockt dem geneigten Leser ein Lächeln oder gar ein Lachen, es kommt ja so unerwartet – vor allem in Anbetracht des Goetheschen Gedichts.
Kollegen mit deutscher Muttersprache auf Facebook und sonstwo waren nicht gegen die auf der Hand liegende Lösung „Die Vöglein kuschen auf den Bäumen” – sie beriefen sich auf dichterische Freiheit und die Stille (nicht reden) als gemeinsame Komponente der Bedeutungen. Dies war mir jedoch zu billig und im Grunde empfand ich es auch als falsch auch wegen klaren Konnotationsunterschieden von „kussolnak” (nur menschlich) und „kuschen” (in erster Linie tierisch).
Ich versuchte Rhythmik und Melodie von Varró weitestgehend beizubehalten und in der letzten Zeile zum Bild der ausgehenden Puste zurückzukehren und das letzte Wort einsilbig hinzuhauchen.
Weitere Worterklärungen:
nyugi – Substantiv, verkleinert, umgangssprachlich, weit verbreitet, Bedeutung: Ruhe
böffent – Verb, verkleinert, vervielfachend, Bedeutung: aufstoßen, rülpsen,
(ein) Bäuerchen machen
sutyiban – Substantiv, verkleinert, umgangssprachlich, Bedeutung: insgeheim,
heimlich, im Geheimen
* * *
Die wortwörtliche Übersetzung ergibt Folgendes:
Tölpelhafte Variante für Größere
Auf dem Gipfel oben
ist Ruhe.
Nur der Wind rülpst/stößt auf/macht ein Bäuerchen/Bäuerchen
heimlich
im Laub, aber (es ist) Schluss/Ende/aus.
Die Vöglein halten das Maul/den Mund auf den Bäumen.
Auch dir, mein Freund,
geht die Puste aus.
* * *
Und nun die vorläufig endgültige Nachdichtung:
Tölpelhafte Variante für Größere
Am Gipfel oben
spürste Ruh,
Windkälber stoßen
auf nur, muh,
im Laube. Doch Graus!
Vöglein auf Bäumen halten die Klappe.
Hei, voll ist deine Mappe,
die Puste aus.