Passend zu Allerheiligen und Allerseelen fällt mir eine Novelle von Heinrich Böll ein, weil am Friedhof die Fachleute nicht das machten, was wir uns vorgestellt hatten. Das nenne ich Pfuscherei!
Tod ist ein gutes Geschäft, solange die Welt besteht… (Aphorismus, LG)
Beim Militär (im „Sozialismus”) wollte ich die Zeit mit etwas Vernünftigem verbringen. Sie – Vertreter der Machthaber – verfügten sechzehn Monate über Zeit und Ort meiner Existenz, nicht aber über meine Gedanken. Ich beschloss, eine Novelle von Böll auswendig zu lernen. Also trug ich den schmalen Band immer in der Tasche der Militärjacke, lernte und wiederholte die Sätze, was das Zeug hielt. Den Anfang kann ich heute noch hersagen.
Nach dem schockierenden Erlebnis (vor Allerheiligen) begann ich den Novellenband von vorne zu lesen, denn nach den Titeln konnte ich das Friedhofsmotiv nicht ausfindig machen. Das Büchlein heißt übrigens „Mein trauriges Gesicht” und soll Humoresken und Satiren beinhalten. Es erschien 1974 beim Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig und kostete zwei Mark. Ich kaufte es jedoch wahrscheinlich in der Buchhandlung des Kulturzentrums der DDR am Deák tér für neun Forint.
Nach den ersten Erzählungen kehrte ich doch zur damals erlernten Geschichte zurück (an deren Ende ich mich nicht mehr erinnerte, und siehe da, ich wurde fündig). Die Rede ist von einem jungen Mann, der Arbeit sucht. Sie soll seiner natürlichen Veranlagung (Nachdenken und Nichtstun) entsprechen. Er findet sie schließlich, nachdem er erfahren muss, wie es ist, in einer Umgebung voll (unsinnigen) Tatendranges immerfort zu handeln. Bei der Beerdigung seines (wohl vom vielen Handeln) verstorbenen Chefs wird man auf ihn aufmerksam, da er im schwarzen Anzug und mit einem Kranz künstlicher Rosen großartig aussieht. Seitdem arbeitet er bei einem eleganten Beerdigungsinstitut als berufsmäßiger Trauernder.
Zeit und Ort dieser Erzählung sind offen gehalten. Der seinen idealen Beruf suchende und schließlich findende Held freut sich nun über ein erfülltes Leben; er wird zum Gegenteil eines Pfuschers.