Auf Facebook wurde den Teilnehmern der Gruppe Deutsch für Fortgeschrittene die Frage nach dem deutschen Lieblingsschriftsteller gestellt. Nimmt man es und die verlangte Begründung ernst, fällt einem die Antwort schwerer als sie auf den ersten Blick zu sein scheint.
Es gibt wohl keinen Lieblingsschriftsteller, denn ein Autor ist nun mal auch ein Mensch mit gelungener und weniger gelungener Produktion. Also ist es angebrachter, von Lieblingswerken zu sprechen. Zu meinen solchen gehört zweifelsohne der harte Brocken unter dem Titel: „Briefe an Felice”, den die Nachwelt dem Absender Franz Kafka, der Adressatin Felice Bauer, dem Herausgeber von Kafkas (sonstigem) Nachlass Max Brod und dem Schocken Verlag zu verdanken hat.
Auf die Frage nach dem deutschen Lieblingsschriftsteller auf Facebook habe ich Hals über Kopf Elias Canetti – wegen seiner wundervoll kristallklaren Sprache u.a. in der dreibändigen Autobiografie – genannt. Und siehe da, er widmete dem Thema Kafkas „Briefe an Felice” auch ein ganzes Buch, unter dem Titel „Der andere Prozeß”…
Jungfern, Jungfrauen, Fräulein, Mädchen, Mädels, Frauen, Frauenzimmer, Frauenzimmerchen, Damen betören, erobern, ihnen den Kopf verdrehen und sie verführen – das ist gang und gäbe in der Musikliteratur. Es genügt auf berühmt gewordene Lieder zu verweisen, so z.B.
aus Mozarts Don Giovanni (https://www.youtube.com/watch?v=yGLPnrwzpKM ),
Verdis Rigoletto (https://www.youtube.com/watch?v=Q5NEOh-XhyA )
oder auch aus Elvis’ Œvre „Are you lonesome tonight?"
(https://www.youtube.com/watch?v=_cS5aCozhcA ).
Kafka seinerseits geht von vornherein einen anderen Weg: Er macht sich grandios winzig – als raffiniertes Spektakel – bis zum Verschwinden. Im Brief (Numero neun an sie) vom 1.11.1912 zelebriert er sich Felice, die er erst seit zweieinhalb Monaten kennt, so: „Und tatsächlich, so mager wie ich bin, und ich bin der magerste Mensch, den ich kenne (was etwas sagen will, da ich schon viel in Sanatorien herumgekommen bin) ebenso ist auch sonst nichts an mir, was man in Rücksicht auf das Schreiben Überflüssiges und Überflüssiges im guten Sinne nennen könnte. […] Jetzt habe ich mein Leben um das Denken an Sie erweitert...”
Und die Frau ist im Netz dieses Verschwindlings so lange verfangen geblieben. Fünf Jahre, zweimal verlobt, zweimal die Verlobung aufgelöst; über 750 Seiten von ihm. Wenigstens hat sie seine Briefe am Ende doch noch verkauft – sonst hätte sie kaum etwas von diesem Verhältnis gehabt.